Die Falle mit der 0%-Finanzierung: Möbel und Geld futsch
In den letzten Monaten flatterte mir kein einziger Werbeprospekt eines Möbelhändlers auf den Schreibtisch, in dem nicht großspurig mit einer 0%-Finanzierung geworben wurde.
Neu ist diese Verkaufsmasche nicht. Schon seit einigen Jahren ködert der Möbelhandel mit dem Möbelkauf auf Pump. Und in Zeiten niedriger Zinsen umso mehr.
Auf den ersten Blick erscheint so eine 0%-Finanzierung für den Möbelkäufer durchaus verlockend: Die Küche, die Polstermöbel oder das Schlafzimmer heute kaufen und dann zinslos in beispielsweise 36 oder 48 bequemen Monatsraten bezahlen. Warum also nicht zugreifen?
Doch welche gravierenden Nachteile diese Art der Finanzierung hat und welche versteckten Gefahren drohen, ist den meisten Möbelkäufern nicht bewusst. Die zeigen sich leider erst beim genaueren Hinsehen.
Ich möchte Ihnen daher die E-Mail-Nachricht, die ich von Frau Sandra Berger (Name geändert) erhielt, nicht vorenthalten:
Betreff: Finanzierungsfalle – Möbel und Geld futsch
Ich habe vor dem Möbelkauf Ihr Buch gelesen und konnte dadurch einige Fehler vermeiden, die mir ohne die Lektüre mit Sicherheit unterlaufen wären – nochmals vielen Dank dafür!
In eine echt fiese Falle bin ich aber getappt. Wäre sie zugeschnappt, hätte ich keine Möbel bekommen und wäre trotzdem das ganze Geld dafür losgeworden!
Sie betrifft im eigentlichen Sinn auch nicht die Möbel, sondern die Finanzierung derselben. In meinem Fall gab es in dem Möbelhaus gerade eine Finanzierungsaktion mit 0% Zinsen. Nun war ich zwar darauf vorbereitet, den vollen Betrag bei Lieferung der Möbel zu bezahlen, wollte mir den Zinsvorteil aber nicht entgehen lassen (…). Also unterschrieb ich den Kreditvertrag.
Der Termin für die Lieferung der Möbel sollte in 2 Monaten sein, die Ratenzahlungen sollten einen Monat später loslaufen. Was ich nicht wusste und erst viel später herausbekam: Die Kreditsumme wurde dem Möbelhaus bereits einen Monat früher ausgezahlt. Dann kam es zu weiteren Verzögerungen und die Möbel wurden erst weitere 2 Monate später geliefert und montiert.
Was wäre also passiert, wenn das Möbelhaus in dieser Zeit Pleite gegangen wäre? Die Möbel wären nicht mehr geliefert worden und die Zahlung der finanzierenden Bank wäre in die Insolvenzmasse gegangen (und damit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit weg), den Kredit an die Konsumbank hätte ich aber abbezahlen müssen! Gleiches gilt natürlich auch für alle anderen Waren, die so finanziert und nicht gleich mitgenommen werden, siehe auch den Beitrag im Juraforum: Kreditauszahlung vor Auslieferung.
Geben Sie diese Warnung bitte weiter. Viele Grüße, Ihre Sandra Berger.
Ich schrieb zurück:
"Hallo Frau Berger, Sie beschreiben das Risiko beim Finanzierungskauf sehr trefflich. Dem brauche ich nichts hinzuzufügen. Allerdings möchte ich noch etwas zum „Zinsvorteil“ bemerken, der für Sie kaufentscheidend war.
Ich kenne keine einzige Bank, die kostenlos Geld verleiht. Die Kreditkosten (Zinsen und Gebühren) übernimmt daher der Möbelhändler für Sie. Doch der hat ebenfalls nichts zu verschenken. Das heißt, er kalkuliert die Kreditkosten natürlich in den Möbelverkaufspreis mit ein.
Das Werbeversprechen „0% Zinsen“ ist also lediglich Augenwischerei – in Wahrheit zahlen Sie als Möbelkäufer über einen Umweg trotzdem die Finanzierung und damit einen höheren Preis.
Und noch etwas: Da ein Kauf auf Raten eine Entscheidung ist, die gut überlegt sein sollte, hat der Gesetzgeber hier ein zweiwöchiges Widerrufsrecht vorgesehen. Bei einem Gratis-Kredit gilt das jedoch nicht."
TV-Möbelexperte Heinz G. Günther warnt:
"90,6% aller Möbelkäufer:innen zahlen zu viel, weil Sie diese 9 Tricks der Händler nicht kennen." Mehr erfahren...
Hallo Herr Günther,
Ihre Nachricht über die 0% Finanzierung kann so nicht stehen bleiben und ich wundere mich, dass Sie als Fachmann, entweder gegen besseres Wissen, was ich mir nicht vorstellen kann, oder aus Unwissen hier veröffentlichen.
Ihrer Frau Berger hätte gar nichts passieren können, denn sie zahlt erst ihre Raten an die Bank, nachdem das Möbelhaus ihre Möbel geliefert hat. Wann das Möbelhaus sein Geld von der Bank bekommt, spielt dabei überhaupt keine Rolle.
Außerdem stimmt es nicht, dass bei einer 0% Finanzierung der Kunde kein 14-tägiges Rücktrittsrecht hat. Es handelt sich rechtlich nicht um einen zinslosen Kredit sondern um einen ganz normalen Ratenkauf, von dem der Kunde immer innerhalb von 14 Tagen zurücktreten kann. Der Fairness halber sollten Sie dies ruhig veröffentlichen.
Hallo Herr Müller,
da Sie selbst Möbelhändler sind (den Namen Ihres Unternehmens nenne ich hier absichtlich nicht), sollten Sie es eigentlich besser wissen.
Nach dem neuem EU-Recht gilt seit 01.06.2010: Eine 0% Finanzierung ist mit einem Barkauf gleichzusetzen. Folglich existiert kein Rücktrittsrecht.
Nähere Auskünfte erteilt Ihnen sicher Ihr Rechtsanwalt.
Beste Grüße, Ihr Heinz
Ich arbeite heute zwar auf einem anderen Gebiet, war aber 30 Jahre in der der Möbelbranche leitend tätig. Immer noch lese ich Brancheninformationen mit Interesse, so auch Ihre „Möbel-Tipps“. Vieles kenne ich aus eigener Erfahrung, auch wenn ich denke, dass sich die „Schlitzohrigkeit“ auf Käufer wie Verkäufer gleichmäßig verteilt. Nicht umsonst haben in den letzten Jahren viele kleinere und mittlere Möbelhäuser aufgegeben, weil sie nicht ausreichend kalkulieren konnten.
Ihre Schilderung des 1. Falles vom 07.01.2012, Ausgabe 107 über die Falle mit der 0%-Finanzierung regt mich aber doch zur Kommentierung an, denn ganz so schwarz wie Ihre Sandra Berger sehe ich die Sache nämlich nicht.
Bekommt Frau Berger die Ware, was auch bei Insolvenzen häufig der Fall ist, sei es, dass der Betrieb weiter geführt wird, sei es, dass Mitbewerber die Verpflichtungen – und damit auch die Kunden – übernehmen, so gibt es auch keinen Grund, die Zahlung zu verweigern.
Das Problem besteht also nur, wenn die bestellte Ware nicht geliefert wird. Hier sieht § 323 Abs. 1 BGB vor, dass der Gläubiger (also der Kunde) nach erfolgloser Fristsetzung vom Vertrag zurücktreten kann. Auf die Sonderfälle ohne Fristsetzung sei hier aus Platzgründen nicht eingegangen.
Im vorliegenden Fall haben wir es offensichtlich mit einem verbundenen Geschäft zu tun (§ 358 BGB). Gemäß Abs. 3 dieser Bestimmung liegt ein solcher Fall dann vor, wenn ein Vertrag über die Lieferung einer Ware oder der Erbringung einer anderen Leistung und ein Darlehensvertrag gemäß Abs. 1 oder 2 ganz oder teilweise der Finanzierung des anderen Vertrages dient und beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden.
Für diesen Fall der verbundenen Verträge sieht § 359 BGB vor, dass der Verbraucher die Rückzahlung des Darlehens verweigern kann, soweit Einwendungen aus dem verbundenen Vertrag ihm gegenüber dem Unternehmer, mit dem er diesen Vertrag geschlossen hat, zur Verweigerung seiner Leistung berechtigen würden.
Wurde der Rücktritt infolge der Nichtlieferung wirksam erklärt, so sieht § 346 Abs. 1 BGB vor, die empfangenen Leistungen zurück zu gewähren und die gezogenen Nutzungen heraus zu geben. D. h., es sind nicht nur keine weiteren Ratenzahlungen zu leisten, sondern es können auch bereits geleistete Zahlungen zurück gefordert werden, und zwar von dem, an den sie gezahlt wurden. Dabei – zumindest ist dies aus den einschlägigen Bestimmungen nicht zu entnehmen – spielt es keine Rolle, wie hoch der verlangte Zins tatsächlich ist bzw. ob er ohne separat ausgewiesen zu sein in den Kreditbetrag einkalkuliert wurde. Dieses würde man spätestens durch die Abrechnung der Bank mit dem Möbelhaus erkennen (im Falle eines Prozesses sollte ggf. die Vorlage der Abrechnung gefordert werden).
Ein Problem bezüglich bereits bezahlter Raten bestünde nur dann, wenn auch die finanzierende Bank insolvent wäre und kein Sicherungsmechanismus greift. Praktisch ist dies aber auszuschließen. Der Umweg über die Bank schafft also i.d.R. mehr Sicherheit.
Ich habe mich in meinem Studium und dem anschließenden Berufsleben häufig mit Rechtsfragen beschäftigt (meist müssen), weise aber ausdrücklich darauf hin, dass ich über keine eigene Anwaltszulassung verfüge. Insoweit bitte ich auch meine Ausführungen als persönliche Meinung ohne Anspruch auf Vollständigkeit und Richtigkeit unter Ausschluss jeglicher Haftung zu sehen.
Da Sie dieses wichtige Thema angesprochen haben, sollten Sie vielleicht wirklich einen versierten Anwalt dazu befragen und in Ihrer nächsten Ausgabe nochmals Stellung dazu beziehen. Die durch Ihre bzw. Frau Bergers Ausführungen erzeugte Unsicherheit sollte m. M. so nicht bestehen bleiben.
Freundliche Grüße, Hans Vogel (Dipl.-Ökonom)
Bei einer 0%-Finanzierung sollte man auch bedenken, dass es trotz Zahlung von 0,0% Zinsen eine Finanzierung und ein Ratenkredit ist. Dieser wird an die SCHUFA gemeldet, wie alle Kredite und Ratenzahlungen, die man vertraglich vereinbart.
Sehr geehrter Herr Robert Müller,
selbst wenn ich ein 14-tägiges Rücktrittsrecht gehabt hätte, hätte es im vorliegenden Fall nichts genutzt, da diese Zeit nach Vertragsablauf längst verstrichen war, als die Probleme auftauchten.
Viele Grüße „Sandra Berger“
Sehr geehrter Herr Günther,
sie schrieben: „Ich kenne keine einzige Bank, die kostenlos Geld verleiht (…) in Wahrheit zahlen Sie als Möbelkäufer über einen Umweg trotzdem die Finanzierung und damit einen höheren Preis.“
Ich hatte dazu aber jetzt ein Gespräch mit einem Bankinsider, der mir folgende Information gab:
Konsumerbanken nutzen die 0% Finanzierung, um an solvente Kunden zu kommen, an die sie weitere Kredite vermitteln (dann natürlich nicht für 0%). Dazu passt, dass in meinem Fall die komplette Summe an das Möbelhaus ausgezahlt wurde, dieses vorher bei Angebot, sofort bar zu zahlen zu keinerlei weiteren Zugeständnissen bereit war und ich seitdem mit Werbung der Konsumerbank bombardiert werde!
Viele Grüße und Danke für die Veröffentlichung ihre „Sandra Berger“
Sehr geehrter Herr Vogel,
da ich eigentlich auch der Meinung war, dass es es in diesem Fall eine verbraucherfreundliche Regelung geben müsste, hatte ich den Fall im Juraforum eingestellt.
Vielleicht erläutern sie Ihre Ausführungen dort noch einmal, da wird dann auch auf Ihre Argumentation eingegangen. Grundsätzlich bin ich auch der Meinung, dass es nach dem Prinzip der Verbundenen Geschäfte behandelt werden sollte. Aber nach der Meinung der Leute dort, wird es nicht so gemacht.
Viele Grüsse „Sandra Berger“
Dem letzten Statement von Frau Berger kann ich mich auch anschließen. Generell ist es nicht unbedingt so, dass die Ware bei Nutzung einer 0% Finanzierung teurer wird.
Im Endeffekt profitieren beide Parteien: Der Kunde bekommt seine Ware, obwohl er sie sich noch gar nicht leisten kann und der Verkäufer ist um einen Kunden reicher. Die Banken freuen sich hingegen, wie bereits erwähnt, über neue E-Mail- und Postadressen zum Anpreisen weiterer Finanzdienstleistungen.