Rücktritt vom Kaufvertrag: „Hilfe, ich will da raus!“

Nein, da ist niemand bei Ladenschluss versehentlich im Möbelhaus eingeschlossen worden und rüttelt nun an der Tür. Es ist der Hilferuf eines Möbelkäufers, der aus seinem gerade erst unterschriebenen Kaufvertrag heraus will. Doch in welchen Fällen geht das überhaupt? Und was ist der Unterschied zwischen Rücktritt und Widerruf? Diese Fragen beantworten wir Ihnen in diesem Beitrag.

Heinz G. GüntherOlaf GüntherDie Autoren: Die Möbel-Experten Heinz G. und Olaf Günther, bekannt aus über 30 TV-Reportagen in RTL, SAT1 und ARD.

Sie werden nicht glauben, wie oft mich solche Hilferufe erreichen. Dabei ist die Sache meistens schon zu einem Rechtsfall ausgewachsen und demnach nicht mehr „mein Ding“, weil ich zur Rechtsberatung nicht befugt bin. Außerdem stehe ich zu dem Grundsatz: Verträge müssen gehalten werden. Oder knapp: Vertrag ist Vertrag.

Doch wenn bei Möbelkäufern der Wunsch, den gerade erst getätigten Kauf wieder zu annullieren, so mächtig wird und in solcher Häufung auftritt, muss doch irgendetwas faul sein. In der Tat: Eindrucksvoll schildern viele Leser, welchen Ärger und Verdruss sie mit ihrem Möbler haben, und dass sie sich verschaukelt fühlen. Das veranlasst mich, einmal aus meiner Sicht aufzuzeigen, wann und wie man sich von einem ungeliebten Möbler lösen kann.

Klar ist: Durch freie Vereinbarung kann jeder Kaufvertrag jederzeit ad acta gelegt werden. Doch wenn der Möbelhändler stur auf dem Vertrag beharrt, muss eine Rechtsgrundlage für den Ausstieg her. Die gibt es für einige wenige Fälle, in denen ich meinen Kaufvertrag widerrufen oder von ihm zurücktreten kann. Ich muss im Folgenden der Übersichtlichkeit wegen darauf verzichten, diese Rechtsvorschriften einzeln aufzuführen.

Widerruf Möbel Kaufvertrag

Der Widerruf eines Vertrags ist möglich bei

  • Haustürgeschäften. Beispiel: Jemand klingelte an meiner Wohnungstür. Ich hatte ihn nicht eingeladen, ließ ihn dennoch ein. Er bot mir einen angeblich besonders preiswerten Massagesessel zum Kauf an. Ich ließ mich beeindrucken und unterschrieb einen Kaufvertrag.
  • Versandgeschäften (Fernabsatz). Beispiel: Ich würde gerne in meinem Büro die berühmte Liege LC 4 von Le Corbusier aufstellen, um ab und zu darauf zu relaxen. Ich finde im Internet einige Anbieter, die sich auf den Nachbau von Bauhausklassikern spezialisiert haben und online verkaufen. Am PC fülle ich den Bestellschein eines italienischen Online-Händlers aus und klicke auf „Kaufen“. Nach ca. 20 Minuten trifft eine E-Mail mit der Auftragsbestätigung ein.
  • Kauf unter Darlehensgewährung (Ratenzahlung). Beispiel: Ich bin ein junger Mann (schön wär’s) und beziehe mit meiner Freundin unsere erste Wohnung. Sie (die Wohnung, nicht die Freundin) muss komplett neu eingerichtet werden. Das Geld ist knapp. Ein Möbelhaus bietet Finanzkauf zu 1,00 % Zinsen an. Wir rechnen und kommen auf monatliche Raten, die ich gut verkraften kann. Es werden zahlreiche Formulare ausgefüllt und unterschrieben. Der Möbelkauf auf Raten ist perfekt.

Jetzt kommt es: Aus welchen Gründen auch immer, ich will die Möbel nicht mehr. In diesen drei Fällen ist es mir gestattet, innerhalb von 14 Tagen nach Vertragsabschluss den Kaufvertrag zu widerrufen. Aber nur in diesen Fällen – sonst nicht. Und auch nur innerhalb der 14-Tage-Frist (mit bestimmten Ausnahmen).

Rücktritt Möbel Kaufvertrag

Der Rücktritt vom Kaufvertrag dagegen ist angesagt bei unwahrer und irreführender Werbung. Beispiel:

Ich brauche neue Matratzen. Eines Tages fahre ich mit dem Auto an einem Matratzengeschäft vorbei und sehe auffällige Schilder: „Räumungsverkauf wegen Umbau – sensationell reduzierte Preise“. Ich halte an, gehe rein in den Laden und finde tatsächlich eine geeignete Taschenfederkernmatratze. Der Preis verheißt ein Schnäppchen. Da steht: Listenpreis 319,00 €, reduziert 259,00 €. Ich schlage zu.

Einige Tage später bin ich in einer anderen Großstadt und fahre zufällig wieder an einem Matratzenladen vorbei. Der Name des Geschäfts ist der gleiche, die Präsentation der Waren ebenso. Nur der Hinweis auf einen Räumungsverkauf fehlt. Ich will wissen, was meine Matratze hier kostet und gehe hinein. Ich finde mühelos das Stück und wische mir die Augen: Die Matratze kostet hier ja auch nur 259,00 € – ohne Räumungsverkauf.

Ich greife mir eine Verkäuferin und horche sie aus. Ja, der Preis war schon immer so. Die Firma ist eine große Filialkette und in allen Filialen gibt es die gleichen Matratzen und die gleiche Preise.

In der Filiale meiner Heimatstadt wurde ich also durch Werbung und Preisangaben mächtig in die Irre geführt und zum Kauf verleitet. In Wahrheit gab es gar keine Schnäppchen. Deshalb verleiht mir das Gesetz über den unlauteren Wettbewerb das Recht, vom Kaufvertrag zurückzutreten. Den Rücktritt muss ich unverzüglich erklären, sobald mir die Irreführung bekannt wird. Das kann mir beispielsweise auch erst Monate nach dem Kauf auffallen. Dann muss ich aber sofort tätig werden.

Was nun kommt, also wie man Widerruf oder Rücktritt angeht, ohne gleich den Rechtsweg zu beschreiten, habe ich in Clever Möbel kaufen anhand von typischen Möbelärgernissen erläutert und dazu Musterbriefe entworfen.

Zum Schluss noch Hinweise zur Vollständigkeit: In meinen Beispielen geht es um Neuverträge. Die vereinbarten Leistungen (Lieferung und Zahlung) stehen noch bevor. Bei Altverträgen sind die Leistungen inzwischen fällig geworden oder wurden bereits erbracht.

Dann kann es andere Situationen geben, in denen der Kaufvertrag als Ganzes in Frage zu stellen ist. Ich denke dabei an gravierende Mängel. Da gibt es den Rechtsanspruch, den Kauf zu wandeln, das heißt rückgängig zu machen. Ein weites Feld.

Ist der Möbel Kaufvertrag überhaupt wirksam?

Ein anderes weites Feld ist gekennzeichnet durch die Frage, ob das unterschriebene Papier überhaupt ein wirksamer Kaufvertrag ist. Beispielsweise könnte es in einem Küchen-Kaufvertrag heißen: „Einbauküche xyz, Preis pro laufender Meter einschließlich E-Geräte x €, Gesamtbetrag y €, Küchenplan und Festlegung der Einzelstücke nach Aufmaß vor Ort.“

Solche Verträge werden gerne auf Verbrauchermessen und neuerdings immer häufiger bei sogenannten Hausmessen im Möbelhaus abgeschlossen. Fest steht, was der Käufer zu zahlen hat. Was der Küchenhändler zu liefern hat, ist offen.

Hier kommt es dann aber auf die genauen Formulierungen und die AGB an, ob ein Ausstieg aus einem solchen Vertrag möglich ist. Das kann allerdings nur Ihr Rechtsanwalt im Einzelfall beurteilen.

Heinz G. GüntherAbzocke beim Möbelkauf

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